Woher kommen die Rohstoffe für die Akkus?
Die Mobilität der Menschen ist Teil der Basis für unsere Wirtschaft und damit Grundstoff für unseren Wohlstand. Jede Form der technisch unterstützten Mobilität benötigt aber Rohstoffe. Diese sind auf unserem Planeten in begrenzten Mengen vorhanden und sie müssen zum Teil mühsam abgebaut werden. Auch die Verarbeitung ist oft mit einem hohen Aufwand verbunden, bevor das Material als Baustein für eine Akku-Zelle verwendet werden kann. An dieser Stelle unterscheiden sich die Rohstoff-Bedarfe der beiden heute bekannten Antriebsarten für Kraftfahrzeuge grundsätzlich.
Für die Herstellung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist der Rohstoffeinsatz zunächst moderat. Es geht im Wesentlichen um Metalle und Kunststoffe zur Herstellung der Karosserie und des mechanischen Antriebs. Im Gegenzug dazu entsteht aber ein großer Bedarf an Rohstoffen für den Betrieb: Über den gesamten Lebenszyklus des Autos werden fossile Brennstoffe verbraucht, die unwiederbringlich verloren sind. Fahrzeuge mit Elektroantrieb hingegen benötigen für den Betrieb insbesondere dann Rohstoffe, wenn die Erzeugung des Fahrstroms nicht über erneuerbare Energiegewinnung abgedeckt werden kann. Dafür entsteht bei batteriebetriebenen Fahrzeugen aber während der Herstellung eine beachtliche Rohstoffbilanz. Die Produktion des Akkus benötigt nicht nur viel Energie, sondern auch einen Mix aus speziellen Bestandteilen der Zellchemie. Diese Stoffe scheinen nicht nur begrenzt verfügbar zu sein. Es wird auch viel darüber berichtet, unter welchen widrigen Bedingungen sie abgebaut werden und dass sie für den Menschen sogar gefährlich sind. Diesen Fragen gehen wir hier auf den Grund.
Lithium
Das Lithium ist einer der wichtigsten Stoffe des Lithium-Ionen-Akkus und verantwortlich für dessen Namen. Es wird in der Zellchemie als sogenannter Ladungsträger eingesetzt, weil Lithium als Alkalimetall ein leicht lösbares Elektron auf der äußersten Elektronenschale hat. Dadurch lässt es sich besonders leicht ionisieren und erlaubt wegen seines geringen Gewichts den Bau von leichten Akkus mit einer hohen Energiedichte. In Australien und China werden zwei Drittel des Lithiums durch Tagebau gewonnen. Die Konzentration des Lithiums im Gestein ist allerdings gering und die Gewinnung sehr aufwändig. Der Rest kommt primär aus Südamerika und wird mit Trocknungsverfahren aus der Sole von Salzseen gewonnen. Lithiumvorkommen werden weltweit auf 80 Mio. Tonnen geschätzt (Wikipedia). Damit kommt das Element etwas häufiger vor als Blei, Kobalt oder Zinn. Bei einem Bedarf von ca. 8 kg Lithium für einen 60 kWh Akku könnte man damit theoretisch 10 Milliarden Auto-Akkus bauen. Im Vergleich dazu: Bisher wurden laut Wikipedia in der Geschichte des Automobils seit 1900 etwa 3,3 Milliarden Autos gebaut. Rechnet man das Potenzial des Recyclings mit ein, kommt man zu dem Schluss, dass das Lithium-Vorkommen der Welt mehr als ausreichend ist. Neben der Verwendung als Ladungsträger in Akkus wird Lithium auch eingesetzt als Bestandteil von Metalllegierungen z.B. für Lager oder in der Luft- und Raumfahrt. Auch im Medizin-Bereich gibt es Forschungsprojekte, die auf Lithium aufsetzen.
Übrigens wurden auch in Deutschland Lithium-Vorkommen entdeckt im sog. Oberrheingraben zwischen Frankfurt und Basel. Experten gehen davon aus, dass man in den unterirdischen Thermalwasser-Reservoirs das größte Lithium-Vorkommen in Europa gefunden hat. Der Abbau soll umweltfreundlich und CO2-neutral möglich sein. Die dafür erforderlichen Geothermie-Anlagen pumpen das Wasser aus einer Tiefe bis zu 5000 Metern an die Oberfläche. Die Extrahierung des Lithiums soll von der Energie betrieben werden, die aus der Wärme des Thermalwassers gewonnen wird. Die Anlage könnte in wenigen Jahren starten. Kritiker sehen durch die Geothermie-Anlage aber auch eine Erhöhung des Erdbebenrisikos.
Natrium und Magnesium
Weil die Gewinnung von Lithium dennoch aufwändig und dadurch teuer ist, sucht die Forschung nach Alternativen im Periodensystem der Elemente und findet sie in unmittelbarer Nähe: Natrium (Alkalimetall) und Magnesium (Erdalkalimetall). Die beiden Elemente lassen sich ebenfalls ionisieren und somit als Ladungsträger verwenden. Weil sie aber etwas schwerer sind als Lithium, werden Natrium-Ionen- oder Magnesium-Ionen-Akkus immer etwas schlechtere Leistungswerte haben im Vergleich zu Lithium-Ionen. Dafür sind sie aber quasi unbegrenzt verfügbar, leichter zu gewinnen und kostengünstiger. Deshalb ist damit zu rechnen, dass entsprechende Akkus zukünftig für kleinere und preiswertere Fahrzeuge eingesetzt werden mit geringeren Leistungswerten.
Cobalt
Besonders viel Aufmerksamkeit gilt den Bestandteilen des Kathodenmaterials. Sie müssen die Anforderung erfüllen, mit den Lithium-Atomen eine gemeinsame Metalloxid-Schicht zu bilden, bei der sich beim Laden das Lithium wiederholt heraustrennen und beim Entladen wieder einfügen lässt. Dabei sollte der Innenwiederstand gering sein, um Ladeverluste und Hitzeentwicklung gering zu halten. In der Vergangenheit hat man dabei auf reines Cobalt gesetzt, weil dieses Material diese Anforderungen im besonderen Maße erfüllt. Der Cobalt-Abbau erfolgt in Erzminen und geht oft Hand in Hand mit dem Abbau von Kupfer und Nickel. Besonders die Vorkommen aus dem afrikanischen Kongo sind äußerst reichhaltig an dem Gestein. Aber der Abbau aus dieser Region gilt als besonders kritisch, weil dort zumindest teilweise private Kleinstbetriebe unterhalten werden, bei denen Ausbeutung und Kinderarbeit nicht ausgeschlossen werden können. Außerdem gilt die gesamte Region als politisch unstabil und eine langfristige Rohstoffversorgung unterliegt gewissen Risiken. Die bekannten Autohersteller haben dieses Problem erkannt und machen ausschließlich Verträge mit zertifizierten Industriepartnern, die einer ständigen Kontrolle bezüglich Menschenrechtsverletzungen unterzogen werden. Obwohl man heutzutage davon ausgehen kann, dass die Akkus der gängigen Elektrofahrzeuge kein Cobalt aus zweifelhaften Quellen mehr beinhalten, arbeiten die Hersteller daran, den Bedarf an diesem Rohstoff kontinuierlich zu verringern. Stattdessen wird das Kathodenmaterial zusätzlich mit Nickel und Mangan angereichert.
Nickel und Mangan
Diese beiden Rohstoffe haben ähnliche Eigenschaften wie das Cobalt, sind aber deutlich günstiger und nicht mit all den Nachteilen des Cobalts verbunden. Der Abbau erfolgt durch industriellen Bergbau und die Vorkommen sind im Vergleich zu Cobalt größer, was sich positiv auf die Kosten auswirkt. Insbesondere Mangan ist in größeren Mengen vorhanden, aber leider als alleiniger Kathodenbestandteil nicht langlebig und energiedicht genug. Deswegen werden heute kaum noch sogenannte LMO-Akkus (Lithium-Mangan-Oxid) für Fahrzeuge eingesetzt.
Eisen und Phosphor
Ein weiterer Schritt, um auf den Einsatz von Cobalt zu verzichten ist der Einsatz von Lithium-Eisenphosphat-Akkus. Dabei verbinden sich die Lithium-Atome auf der Kathode mit dem Eisenphosphat. Das eingesetzte Eisen sowie der Phosphor sind kostengünstig und in großen Mengen vorhanden. Leider ist damit der Nachteil verbunden, dass die Leistungsdichte im LFP-Akku deutlich niedriger ist, weshalb diese Akkus primär im unteren Fahrzeug-Segment zum Einsatz kommen.
Grafit
Während die Hersteller von Akkuzellen auf der Kathodenseite mit verschiedenen Materialien arbeiten, wird für die Anode meistens Grafit eingesetzt – eine kristalline Form des Kohlenstoffs. Natürlicher Grafit stammt aus dem Abbau von kohlenstoffhaltigen Sedimenten. Diese sind über einen Zeitraum von Millionen Jahren entstanden durch hohe Temperaturen und Drücke, die auf organische Pflanzenreste eingewirkt haben. Der Abbau erfolgt auf und unter der Erde. Gleichzeitig gibt es aber auch eine synthetische Variante von Grafit, die durch Verkorken von kohlenstoffhaltigen Materialien wie Kohle, Erdöl und Kunststoffe entsteht. Dabei wird das Material unter Luftabschluss auf etwa 3000°C erhitzt. Da die Anforderung an die Reinheit in der Akku-Zelle sehr hoch ist, kann nicht jeder natürliche Grafit eingesetzt werden und deshalb kommt auch die künstliche Variante zum Einsatz.
Neueste Akku-Generationen wie auch zukünftig die 4680er Zelle von Tesla wollen für die Anode auch Silizium nutzen. Dadurch erhöht sich die Fähigkeit, im geladenen Zustand die Lithium-Ionen einzulagern theoretisch um das Zehnfache. Das Silizium führt allerdings noch zu einer Volumenzunahme in der Akku-Zelle. Deshalb muss in dem Bereich noch geforscht werden, bevor wir kommerzielle Anwendungen sehen.
Darüber hinaus kommen in Akkuzellen noch weitere Rohstoffe vor wie Kupfer und Aluminium für die Elektrodenträger, verschiedene Metalle für das Gehäuse, die Kunststoffe für Separatoren oder die Elektrolyte. Diese werden hier nicht weiter besprochen, weil es sich aus heutiger Sicht nicht um kritische Ressourcen handelt. Diese Stoffe werden seit Jahrzehnten industriell vielfältig eingesetzt und zurückgewonnen. Die Einführung der Elektromobilität wird sich nicht signifikant auf deren Bedarf auswirken.
Seltene Erden
Entgegen der weit verbreiteten Meinung gehören die bis hierher erwähnten Rohstoffe nicht zu den sogenannten seltenen Erden. Die 17 Seltenerdmetalle haben ihren Namen kurz nach ihrer Entdeckung bekommen. Damit wollte man ausdrücken, dass diese Elemente zusammen mit seltenen Mineralien gefunden wurden aber wirklich selten im Sinne von geringen Mengen auf der Erde sind sie grundsätzlich nicht. Das in der Elektromobilität bekannteste Element aus dieser Reihe ist das Neodym. Dieses Metall wird aufgrund seiner hervorragenden magnetischen Eigenschaften als Dauermagnet bei permanenterregten Elektromotoren eingesetzt. Von dort lässt es sich auch hervorragend recyclen. Aber im Zusammenhang mit dem Akku eines Elektroautos kommen keine Elemente der seltenen Erden zum Einsatz.
Fazit
Auch die Elektromobilität kommt nicht an der Verwendung von Rohstoffen vorbei, die naturgemäß begrenzt sind auf diesem Planeten. Während jeder Liter Erdöl oder jedes Kilogramm Erdgas nach dem Verbrennen für Jahrmillionen verloren ist, können wir den Rohstoffhaushalt der Elektromobilität im Sinne einer Kreislaufwirtschaft gestalten. Nur so ist es möglich, dass die Rohstoffe dauerhaft ausreichend zur Verfügung stehen und nach jedem Produktlebenszyklus im Rahmen eines Recyclings dem Kreislauf wieder zugeführt werden.
Die jetzt rasant steigende Verbreitung wird es erforderlich machen, die Fördermengen über die nächsten Jahre sprunghaft hochzufahren. Wenn man nun betrachtet, in welchen Ländern dieses Wachstum aufgrund der geografischen Begebenheiten stattfinden wird, dann müssen wir dringend darauf achten, dass diese Skalierung nicht zu neuen dauerhaften Umweltschäden und sozialen Verwerfungen führt.
Das T&Emagazin
Der Artikel ist erschienen in der Ausgabe 17 (Januar 2023) des T&Emagazins.
(Online Lesen)
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