Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft
Mit der Umstellung auf elektrische Antriebe wird aus heutiger Sicht auf die nachhaltigste der in Frage kommenden Lösungen gesetzt. Dennoch ist auch in der Elektromobilität der Einsatz von Rohstoffen nicht vermeidbar. Insbesondere im Akku werden unterschiedliche Materialien benötigt, deren Vorkommen begrenzt sind oder die einer komplexen Verarbeitung unterzogen werden müssen. Im Unterschied zur Verbrennertechnik, wo der benötigte Rohstoff Öl aufgebraucht wird und - in Menschenzeitaltern betrachtet - nicht nachwächst, besteht beim Elektroantrieb aber die Chance, in eine Kreislaufwirtschaft zu kommen.
In der Kreislaufwirtschaft werden Rohstoffe so lange wie möglich in einem geschlossenen Kreislauf gehalten, indem sie kontinuierlich wiederverwendet werden. Dieser Ansatz soll dazu beitragen, die Ressourcen effizienter zu nutzen und Umweltbelastungen wie Klimaschäden, Luftverschmutzung, Wasserverschmutzung und Bodenverschmutzung zu reduzieren. Ziel ist es, die Abhängigkeit von begrenzten Rohstoffen zu verringern und die Wirtschaft auf eine nachhaltige Basis zu stellen. In der Kreislaufwirtschaft gibt es verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können, um diesen Ansatz zu verfolgen:
- Reduzierung: Bei der Entwicklung von Akku-Bauteilen wird darauf geachtet, dass weniger Materialien und Energie verbraucht werden.
- Wiederverwendung: Akkus werden so gestaltet, dass sie mehrfach verwendet werden können, bevor sie entsorgt werden müssen.
- Langlebigkeit: Die Lebensdauer der Akkus wird im Rahmen von Optimierungen kontinuierlich verlängert, um Ressourcen zu sparen
- Recycling: Am Ende der Lebensdauer von Akkus werden die Materialien gesammelt, sortiert und aufbereitet, um sie wieder dem Kreislauf zuzuführen.
Insgesamt zielt die Kreislaufwirtschaft darauf ab, einen nachhaltigen Produktlebenszyklus zu schaffen, der ökonomische als auch ökologische Vorteile bietet.
Wie funktioniert das Recycling bei einem E-Auto Akku?
Insbesondere das Recycling schließt im Lebenszyklus von Fahrzeugakkus den Bogen zur Kreislaufwirtschaft. Der genaue Ablauf des Recyclings gehört für die Lösungsanbieter zum Firmengeheimnis, weil sich hinter den Verfahrensdetails die Formeln für Effektivität und Wirtschaftlichkeit verbergen. Dennoch ähneln sich die Abläufe im Grundsatz.
Zunächst wird der Akku als Ganzes vom Fahrzeug getrennt. Während die Karosserie einem klassischen Recycling-Prozess zugeführt wird, werden die Akkus speziell behandelt und dazu zentral gesammelt. Um eine gefahrlose Weiterverarbeitung sicherzustellen, müssen die Akkus vollständig entladen werden. Diese Energie nutzt man im Sinne der Nachhaltigkeit für die weiteren Prozessschritte. Bei der anschließenden Demontage werden die Akkuzellen bzw. -Module von Gehäuse, Elektronik (Batterie-Managementsystem) und Kühlungssystem getrennt. Diese Komponenten werden auf herkömmliche Weise recycelt zu Kunststoffen, Metallen und elektronischen Leitermaterialien. Sie können als Rohstoffe wieder vielfältig eingesetzt werden.
Die Akkuzellen und -Module beinhalten die komplexeren Rohstoffe. Diese sind innerhalb chemischer Verbindungen eingebettet und müssen zur Verwertung möglichst sortenrein zerlegt werden. Der schnellste Weg, um die herstellerspezifische Zellkonstruktion aufzulösen besteht darin, die Zellen mechanisch zu einem Granulat zu zerkleinern. Dazu durchlaufen sie einen besonders feinen Schredder. Der Brandgefahr durch eventuelle Restladungen wird durch den Ausschluss von Luft entgegengewirkt (Vakuum).
Der Elektrolyt wird über ein Verdampfungsverfahren herausgelöst und gesondert aufgefangen. Er dient als Rohstoff für die chemische Industrie und kann für verschiedene Zwecke wieder eingesetzt werden. Das restliche Granulat wird nun durch eine Sortieranlage geführt, wie sie in ähnlicher Form auch in anderen Recycling-Betrieben eingesetzt werden. Mittels Sieben, Magneten und Wirbelstromfiltern werden die unterschiedlichen Eigenschaften der Stoffe bezüglich Dichte und Magnetisierbarkeit ausgenutzt, um sie voneinander zu trennen. Dabei werden Kunststoffe und Metalle wie Eisen, Aluminium und Kupfer getrennt abgesondert. Übrig bleibt ein feines graues Pulver, welches die besonderen Rohstoffe der Zellchemie und damit den eigentlichen Schatz des Akku-Recyclings enthält.
Die nun folgende Behandlung besteht im Wesentlichen aus zwei Verfahren, die von verschiedenen Recycling-Anbietern unterschiedlich ausgeprägt und angewendet werden. Im Rahmen der sogenannten Pyrometallurgie macht man sich die verschiedenen Schmelzpunkte der Metalle zu nutze. Dabei werden Stoffe wie Mangan, Nickel, und Cobalt durch Schmelzen voneinander separiert. Durch die sogenannte Reduktion und den anschließenden selektiven Oxidationsprozess werden Begleitelemente wie zum Beispiel Sauerstoff oder Verunreinigungen als Schlacke abgelöst und es bleiben die Metalle in reiner Form übrig.
Das zweite Verfahren nennt sich Hydrometallurgie, weil dort eine Flüssigkeit wie z.B. Schwefelsäure eingesetzt wird. Bestimmte Metalle werden bei dieser Behandlung unter Einhaltung einer optimalen Reaktionsatmosphäre ausgelaugt. Anschließend findet die Reinigung statt mithilfe einer elektrolytischen bzw. chemischen Abscheidung. Übrig bleibt wiederum reines Metall. Diese Methode wird insbesondere für die Rückgewinnung des Lithiums genutzt.
Je effektiver und wirtschaftlicher diese Prozesse ablaufen, desto besser kann man die Nachhaltigkeit der Elektromobilität sicherstellen. Ziel ist es, eine möglichst hohe Rückgewinnungsquote zu erreichen. Ältere Industrieanlagen schaffen Werte von über 60%, die neuesten Betriebe erreichen jetzt schon über 90%. Diese modernen Verfahren müssen allerdings noch auf Industrie-Level skaliert werden, um zukünftig den globalen Bedarf abdecken zu können.
Beispiele für das Recycling von Akkus
Viele Unternehmen haben das Potenzial im Recycling von Akkus erkannt. Zurzeit sprießen die Lösungen weltweit wie Pilze aus dem Boden. Es zeichnet sich ein – u.a. politisch motivierter - Wettkampf zwischen Europa, Amerika und Asien ab, bei dem sich jeder in eine strategische Position auf dem globalen Markt bringen will. Autohersteller wie Volkswagen und Mercedes sowie Batteriehersteller und Chemie-Konzerne stellen sich entsprechend auf. Hier können nur einige exemplarische Beispiele genannt werden.
Das schwedische Battery-Startup Northvolt hat zusammen mit dem norwegischen Aluminiumhersteller Hydro das Gemeinschaftsunternehmen Hydrovolt gegründet. Hydrovolt hat in Fredrikstad südlich von Oslo das nach eigenen Aussagen größte Recycling-Werk Europas in Betrieb genommen. Man könne jetzt schon jährlich 12.000 Tonnen an E-Autobatterien (25.000 Autos) verarbeiten und dabei bis zu 95% der Rohstoffe wiedergewinnen. Ziel sei, eine Kapazität von 300.000 Tonnen bis 2030 zu erreichen.
Als Spin-off der TU Braunschweig hat die Firma Düsenfeld eigene Patente zum Recycling-Verfahren angemeldet. Dabei geht es um die Erhöhung der Recycling-Quote auf Werte über 96% (Zell-Ebene), um einen Rückgewinnungsprozess mit niedrigem Energiebedarf und um ein besonders umweltverträgliches Verfahren. Das Ganze erfolge zu möglichst geringen Kosten. Das Geschäftsmodell von Düsenfeld ist dabei nicht nur der Aufbau eigener Betriebe, sondern auch die weltweite Lizenzierung der Methode an Dritte. Bisher verarbeitet das Niedersächsische Unternehmen ca. 3.000 Tonnen pro Jahr.
Der ehemalige Tesla-CTO - JB Straubel - hat 2017 die Firma Redwood Materials gegründet. Sein Ziel ist es, eine sogenannte umgekehrte Giga Factory aufzubauen. Er will also alles, was in der Giga-Factory von Tesla zusammengebaut wurde, am Ende des Lebenszyklus wieder in seine Bestandteile zerlegen und dem Kreislauf neu zur Verfügung stellen. Zusammen mit Partnern wie Panasonic und Amazon wurde ein erstes Werk in South Carolina (sog. Battery Belt) aufgebaut und man recycelt bereits Material für Tesla, Toyota, General Motors, Ford, Amazon, Volkswagen und Nissan. Gefördert durch stattliche Hilfen von 2 Mrd. Dollar wird bereits der Aufbau des zweiten Werks in Nevada geplant. Die USA versprechen sich davon die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Anbietern aus Asien.
Schaffen der richtigen Rahmenbedingungen
Das Recycling des Akkus aus Elektrofahrzeugen ist aus Sicht der Nachhaltigkeit ein wichtiger Baustein im Kreislauf der Rohstoffe. Dennoch muss dieser Prozess auch wirtschaftlich mithalten mit den Kosten für die Gewinnung der Rohstoffe aus der Erde. Die produzierenden Unternehmen würden nicht auf wiedergewonnene Materialien zurückgreifen, wenn die Neuerzeugung dauerhaft günstiger ist. Deshalb müssen bestimmte Rahmenbedingungen geschafften werden, unter denen sich die Wiederverwertung dauerhaft ökologisch und ökonomisch etablieren lässt.
Wichtig ist die Fortsetzung der Forschung und Entwicklung an geeigneten Technologien, um die Recycling-Quote kontinuierlich zu erhöhen. Bei Werten von über 96% und unter der Annahme, dass die Verkehrswende den Gesamtbedarf an Fahrzeugen und damit an Rohstoffen eindämmt, kann man irgendwann den weiteren Abbau der Rohstoffe aus der Erde auf ein Minimum reduzieren.
Ein weiterer Schlüsselaspekt ist die Skalierung von Recycling-Anlagen auf Industrie-Level und gleichzeitig eine kontinuierliche Senkung von Kosten. Das Anwachsen der Recycling-Kapazität weltweit ist der Verbreitung der Elektromobilität zwar zeitlich nachfolgend, bis die ersten Fahrzeuggenerationen ihr natürliches Lebensende erreichen. Es lässt sich auch beobachten, dass die Fahrzeugakkus deutlich länger halten, als man es für möglich gehalten hat. Dennoch müssen die Recycling-Betriebe in ihrem Wachstum auf die Zeit gesehen dem Verbreitungstempo mithalten.
Nicht zuletzt müssen die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich das Recycling als Alternative zur Neugewinnung von Rohstoffen durchsetzt. Viele Länder fördern deshalb bereits heute die Ansiedlung von entsprechenden Unternehmen durch finanzielle Mittel und ermöglichen dadurch die Erhöhung der Kapazität und der Wachstumsgeschwindigkeit. Dazu gehört aber auch das Vorgeben von Recycling- Zielen, um die Autoindustrie und die Hersteller von Akkuzellen zur Nutzung des Potenzials zu bewegen, solange bis sich die Wirtschaftlichkeit der Verfahren von selbst einstellt. Die aktuelle Batterieverordnung der EU, nach der erst ab 2026 90% der Rohstoffe Kobalt, Nickel und Kupfer bzw. 35% des Lithiums wiedergewonnen werden müssen, ist da aus heutiger Sicht nicht ambitioniert genug.
Fazit
Es ist notwendig, die Batterien so lange wie möglich zu nutzen und zu warten, um die Lebensdauer der Batterien zu verlängern und den Bedarf an neuen Batterien zu reduzieren. Aber erst durch das Recycling von Elektroauto-Batterien entsteht eine vollständige Kreislaufwirtschaft. Wertvolle Rohstoffe werden zurückgewonnen und die Umweltbelastung durch Elektromobilität wird reduziert.
Fakt ist, dass sich die erforderlichen Anlagen zur Wiedergewinnung gerade noch im Aufbau befinden. Mithilfe der Forschung und Entwicklung müssen wir sicherstellen, dass die Verfahren in Bezug auf Quantität und Qualität weiter zu optimieren. Die aktuellen Projekte liefern bereits vielversprechende Ergebnisse.
Wenn man bedenkt, dass die Entwicklung der Elektromobilität eigentlich noch am Anfang steht, sind die Aussichten auf einen umweltschonenden Umgang mit den Ressourcen der Natur besser als jemals zuvor. Mit diesem Beitrag schließt die vierteilige Artikelserie zum Thema Akku-Technologie. Glaubt man den Ansätzen, die zuletzt auch von Elon Musk in seinem Masterplan Teil 3 vorgestellt wurden, dann nehmen Akkus zukünftig eine zentrale Rolle in unserer Energiewende ein. Danach entstehen Stromspeicherkapazitäten und-Verfahren, an die heute niemand zu glauben wagt. Trotz der bereits erreichten Fortschritte stehen wir mit alle dem erst an Anfang.
Das T&Emagazin
Der Artikel ist erschienen in der Ausgabe 18 (April 2023) des T&Emagazins.
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